Bei Helen Zentner versagten mit acht Jahren die Nieren und sie musste an die Dialyse, die sie mithilfe ihrer Eltern und medizinisch betreut vom KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche Hamburg als Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) zuhause durchführte. „Manchmal war ich sehr lange in meinem Zimmer an der Peritonealdialyse und war traurig, wenn ich die anderen Kinder draußen spielen hörte“ erinnert sich die heute 14-Jährige. Nach neun Monaten an der Dialyse und auf der Warteliste entschied sich ihr Vater Axel Zentner, ihr eine seiner Nieren zu spenden. Im Januar 2017 konnte sie transplantiert werden. „An meinem 9. Geburtstag habe ich erfahren, dass es mit der Lebendspende klappt. Ich konnte es erst nicht glauben und dann habe nur noch geweint vor Freude über dieses Riesen-Geschenk“, berichtet Helen.
Heute muss die junge Patientin nur noch alle vier bis sechs Wochen zur Nachsorgeuntersuchung zu ihrem behandelnden Arzt. „Ich habe mich sehr gefreut, dass Helen eine Niere gespendet bekommen hat. Auch wenn wir viel tun, um unseren jungen Patientinnen und Patienten die stundenlangen Behandlungen und die äußerst belastende Wartezeit auf eine Transplantation zum Beispiel durch psychosoziale Betreuungsangebote, Ferienfreizeiten oder Unterricht während der Dialyse zu erleichtern, ist eine Nierentransplantation für viele einfach die bessere Nierenersatztherapie. Sie führt zu weniger Folgeerkrankungen und im Durchschnitt zu einer höheren Lebenserwartung und steigert insgesamt die Lebensqualität“, erläutert der Kinder-Nephrologe Professor Dr. med. Jun Oh, leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche Hamburg. Neben dem Organmangel könnten in sehr seltenen Fällen aber auch medizinische Gründe gegen eine Transplantation sprechen, ergänzt er. „Dann ist die Dialyse die einzige, lebensrettende Therapie“, betont der Nephrologe.
Deutlicher Einbruch bei den Organspenden im 1. Quartal 2022
Von den rund 8.700 Menschen in Deutschland auf der Warteliste für eine Organspende hoffen nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) mehr als 6.500 Patienten auf eine Nierentransplantation; die Wartezeit liegt im Durchschnitt bei sechs bis acht Jahren für Erwachsene und zwei bis vier Jahren für Kinder. Nur für wenige Menschen geht der Wunsch nach einer Nierentransplantation als Alternative zur lebenslangen Dialyse in Erfüllung: Grund hierfür ist insbesondere der Organmangel – die Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zum ersten Quartal 2022 sind ernüchternd.
Nachdem sich die Organspende im vergangenen Jahr leicht positiv entwickelt hatte, vermeldet die DSO für die ersten drei Monate des laufenden Jahres einen deutlichen Einbruch von 29 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr. Die Anzahl der Organspender ist damit auf 176 gesunken (Vergleichszeitraum 2021: 249). Gleichzeitig ging die Anzahl der in Deutschland postmortal entnommenen Organe um 28 Prozent auf 562 Organe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Insgesamt konnten in deutschen Transplantationszentren im ersten Quartal 600 Organe übertragen werden, die über Eurotransplant an die Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten vermittelt wurden. Das sind 194 Transplantationen weniger gegenüber dem Vorjahreszeitraum, was einem Rückgang von 24 Prozent entspricht.
Tag der Organspende: Entscheiden und dokumentieren
Umso wichtiger ist der diesjährige Tag der Organspende: Am ersten Samstag im Juni sollen durch Information und Aufklärung möglichst viele Menschen motiviert werden, eine eigene Entscheidung zur bzw. im besten Fall pro Organspende zu treffen und diese zu dokumentieren. Antworten auf wichtige Fragen zur Organspende und Organspendeausweise finden Interessierte z. B. auf www.tagderorganspende.de/informationen-ueber-organspende.
Hintergrundinformation:
Im KfH‐Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche Hamburg werden in Kooperation mit der Klinik für Kinder‐ und Jugendmedizin des Uniklinikums Hamburg‐Eppendorf die Diagnostik und Behandlung des gesamten Spektrums der Kindernephrologie angeboten. Betreut werden Kinder und Jugendliche aller Altersstufen mit chronischer Niereninsuffizienz. Im Mittelpunkt steht dabei die Behandlung der jungen Patientinnen und Patienten mit einer Nierenersatztherapie, also der Dialyse oder Nierentransplantation. (www.kfh.de/kinderdialyse/hamburg)
Das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. steht für eine qualitativ hochwertige und integrative nephrologische Versorgung nierenkranker Patientinnen und Patienten. Es wurde im Jahr 1969 gegründet und ist damit zugleich der älteste und größte Dialyseanbieter in Deutschland. In mehr als 200 KfH-Zentren werden über 18.000 Dialysepatientinnen und -patienten sowie aktuell rund 72.000 Sprechstundenpatientinnen und -patienten umfassend behandelt. Seit seiner Gründung ist die Versorgung nierenkranker Kinder und Jugendlicher ein wesentliches medizinisches und gesellschaftliches Anliegen des KfH. In 17 speziell auf die Behandlung der jungen Patientinnen und Patienten ausgerichteten KfH-Nierenzentren für Kinder und Jugendliche versorgt das KfH in Kooperation mit den jeweiligen Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin die weit überwiegende Zahl aller chronisch nierenkranken Kinder in Deutschland.
Bildunterschrift: „An meinem 9. Geburtstag habe ich erfahren, dass es mit der Lebendspende klappt!“ – Helen Zentner erhielt 2017 eine Lebendnierenspende ihres Vaters. Foto: privat