Bei Robert Nadj versagten im Jugendalter die Nieren. Als Folge und musste er regelmäßig zur Dialysebehandlung. Mit 16 Jahren erhielt er die Niere eines verstorbenen Organspenders, die allerdings bereits nach kurzer Zeit nicht mehr funktionierte. Nach weiteren vier Jahren an der Dialyse und auf der Warteliste konnte er erneut transplantiert werden. Diese Niere ermöglichte ihm rund 18 Jahre lang ein nahezu normales Leben, bis auch sie ihre Arbeit einstellte und er seit 2007 dreimal wöchentlich für mehrere Stunden zur Dialysebehandlung ins KfH-Nierenzentrum Coburg musste. Vier Jahre lang wartete er auf eine neue Spenderniere. Um ihm die weitere Dialysebehandlung zu ersparen, entschloss sich seine Ehefrau, ihm eine ihrer Nieren zu spenden. Im Juli 2011 wurde Robert Nadj zum dritten Mal transplantiert. „Die Niere meiner Frau bedeutet für mich ein geschenktes Leben!“, berichtet der heute 53-Jährige. Er sei nicht mehr abhängig von der Dialysemaschine, habe wieder viel mehr Zeit, die er mit seiner Familie und mit Freunden verbringen könne und auch Verreisen sei ohne übermäßigen Planungsaufwand wieder möglich: „Man muss das Schicksal so nehmen, wie es kommt und meine Krankheit gehört zu mir – aber seit der Transplantation kann ich auch wieder viele Dinge im Leben genießen. Dafür bin ich dankbar!“
Heute muss der Patient nur noch alle drei Monate zur Nachsorgeuntersuchung zu seinem behandelnden Arzt. „Pflegeteam und Ärzte in unserem Zentrum haben sich gleichermaßen sehr gefreut, dass Herr Nadj eine Niere gespendet bekommen hat. Eine Nierentransplantation ist für viele die bessere Nierenersatztherapie, sie führt zu weniger Folgeerkrankungen und im Durchschnitt zu einer höheren Lebenserwartung und steigert insgesamt die Lebensqualität“, erläutert der Coburger Nephrologe Priv.-Doz. Dr. med. Gerald Braun, leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum und Chefarzt der Medizinischen Klinik III am Regiomed Klinikum Coburg. Bei der Niere stelle die Lebendspende eine Alternative dar, die jedoch die Knappheit an Organspenden nach dem Tod nur unzureichend wett mache. Mitunter sprächen allerdings auch medizinische Gründe gegen eine Transplantation. So könnten z. B. die Komorbiditäten im hohen Alter ein Ausschlusskriterium sein oder aber auch vorübergehend z. B. eine Krebserkrankung oder Infektion. „Dann ist die Dialyse die einzige, lebensrettende Therapie“, betont der Nephrologe.
Massiver Einbruch bei den Organspenden im 1. Quartal 2022
Von den rund 8.700 Menschen in Deutschland auf der Warteliste für eine Organspende hoffen nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) mehr als 6.500 Patienten auf eine Nierentransplantation; die Wartezeit liegt im Durchschnitt bei sechs bis acht Jahren. Nur für wenige Menschen geht der Wunsch nach einer Nierentransplantation als Alternative zur lebenslangen Dialyse in Erfüllung: Grund hierfür ist insbesondere der Organmangel – die Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zum ersten Quartal 2022 sind ernüchternd.
Nachdem sich die Organspende im vergangenen Jahr leicht positiv entwickelt hatte, vermeldet die DSO für die ersten drei Monate des laufenden Jahres einen massiven Einbruch von 29 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr. Die Anzahl der Organspender sank damit aktuell auf 176 gegenüber 249 im Vergleichszeitraum 2021. Die Anzahl der in Deutschland postmortal entnommenen Organe reduzierte sich im selben Zeitraum um 28 Prozent auf 562 Organe. Insgesamt konnten in deutschen Transplantationszentren im ersten Quartal 600 Organe übertragen werden, die über Eurotransplant an die Patienten auf den Wartelisten vermittelt wurden. Mit 194 Transplantationen weniger gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht dies einem Rückgang von 24 Prozent.
Tag der Organspende: Entscheiden und dokumentieren
Umso wichtiger ist der diesjährige Tag der Organspende: Am ersten Samstag im Juni sollen durch Information und Aufklärung möglichst viele Menschen motiviert werden, eine eigene Entscheidung zur bzw. im besten Fall pro Organspende zu treffen und diese zu dokumentieren. Antworten auf wichtige Fragen zur Organspende und Organspendeausweise finden Interessierte z.B. auf https://www.tagderorganspende.de/informationen-ueber-organspende.
Hinterrgrundinformation:
Im KfH‐Nierenzentrum Coburg (www.kfh.de/coburg) werden Patientinnen und Patienten umfassend nephrologisch behandelt: In der nephrologischen Sprechstunde steht die Prävention und Früherkennung chronischer Nierenfunktionsstörungen sowie möglicher Folgeerkrankungen an erster Stelle. Auch die kontinuierliche Betreuung nach ener Nierentransplantation erfolgt im Rahmen der nephrologischen Sprechstunde. Darüber hinaus werden chronisch nierenkranken Patientinnen und Patienten alle Dialyseverfahren angeboten: Mit der Peritoneal‐ und der Hämodialyse stehen dabei zwei grundsätzlich gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Wahl. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem KfH-Nierenzentrum und der Medizinischen Klinik III des Regiomed Klinikums Coburg.
Das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. steht für eine qualitativ hochwertige und integrative nephrologische Versorgung nierenkranker Patientinnen und Patienten. Es wurde im Jahr 1969 gegründet und ist damit zugleich der älteste und größte Dialyseanbieter in Deutschland. In mehr als 200 KfH-Zentren werden über 18.000 Dialysepatientinnen und -patienten sowie aktuell rund 72.000 Sprechstundenpatientinnen und -patienten umfassend behandelt.
Bildunterschrift: „Geschenktes Leben“ – Dank der Lebendnierenspende seiner Ehefrau kann Robert Nadj auch das Leben mit seiner Tochter wieder genießen. Foto: privat.